
Die Freibadsaison ist eröffent
Planerische Ansätze gegen das Bädersterben
Die Freibadsaison 2025 steht vor der Tür. Ihre Türen öffnen, werden jedoch in diesem wie auch in den vergangenen Jahren nicht alle Freibäder, einige Einrichtungen nur unter Einschränkung der Öffnungszeiten. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Laut einer Sanierungsumfrage der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen aus Oktober 2024 ist der marode bauliche und technische Zustand zahlreicher Freibäder ein entscheidender Aspekt. Hinzukommt der Fachkräftemangel, der auch vor Freizeiteinrichtungen nicht Halt macht, berichtet der Verband kommunaler Unternehmen e. V.
Wie kann es gelingen, den baulichen und technischen Zustand von Freibädern zu verbessern, ohne gleich eine neue kostenintensive Anlage zu realisieren, und worauf ist bei einer Modernisierung eigentlich zu achten? Kann eine Sanierung respektive Attraktivierung von Freibädern gar dem Fachkräftemangel entgegenwirken und welche Rolle spielen eigentlich die Themen Nachhaltigkeit und Künstliche Intelligenz in der Planung und im Betrieb von Freibädern? Diesen Fragen möchten wir uns im Folgenden annähern – auch anhand einiger Projektbeispiele, die als Inspiration und Anregung für durchdachte Konzepte zur Sanierung von Freibädern dienen können.
Multikrise Schwimmbad?
Laut dem Bäderatlas der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) gibt es 2.416 Freibäder in Deutschland. Das Durchschnittsalter dieser Bäder beläuft sich auf ca. 52 Jahre. Aus einer Umfrage der DGfdB, durchgeführt im Jahr 2024, geht hervor, dass inzwischen jedes dritte Freibad in den kommenden fünf Jahren umfangreich saniert werden muss, wenn es in Betrieb bleiben soll. Bei der Modernisierung allerdings sehen sich 56 Prozent der Freibadbetreiber:innen mit Hindernissen konfrontiert, beispielsweise in Form von nicht ausreichenden Fördermitteln in Zusammenhang mit hohen Herstellungskosten. Dennoch ist das Kommittent bzw. der Wunsch auf Seiten der Betreiber:innen hoch, den Betrieb der Bäder aufrecht zu erhalten. Ein entscheidender Punkt, an dem Planerinnen und Planer gefragt sind, innovative wie auch individuelle Konzepte für eine wirtschaftliche Sanierung der Anlagen zu entwickeln, um einen langfristigen Betrieb zu gewährleisten; der viel besprochenen Multikrise Schwimmbad aktiv entgegenzuwirken.
Alte Freibäder, neue Zielgruppen
Das Angebot vieler Freibäder wurde in der Vergangenheit während Planung und Bau häufig auf eine bestimmte Zielgruppe beschränkt. Um diese, nun in die Jahre gekommenen Anlagen für weitere/andere Besuchergruppen interessant zu gestalten, kann die Erweiterung des Angebots respektive die Anpassung der Beckenlandschaft der richtige Schritt sein. Ein gelungenes Beispiel hierfür liefert die Sanierung des Freibades Gehlenbeck in Lübbecke. Zentrales Ziel der Maßnahme, die eines der wichtigsten stadtentwicklungspolitischen Projekte der zurückliegenden Jahrzehnte für die Stadt Lübbecke darstellte, war es, einen nachhaltigen Bäderbetrieb für die kommenden 30 Jahre zu gewährleisten. Um neue Zielgruppen zu erschließen, fokussierte sich die Modernisierung auf die Zuschnitte und die funktionale Gestaltung (Wasserflächenverkleinerung) der Becken. Neue Attraktionen, wie ein Spray-Park für die kleinsten Badegäste, eine Flugrutsche, Massagedüsen u.v.m. sorgen für mehr Abwechslung als zuvor. Über die bewusste Auswahl pflegeleichter und wartungsarmer Materialien wurde der Instandhaltungsaufwand und darüber der Personaleinsatz verringert sowie ein wirtschaftlicher Betrieb gewährleistet. Zusätzlich senkt die neue effiziente Schwimmbadtechnik und -steuerung den Primärenergieverbrauch der gesamten Anlage. So erfolgt die Beckenwassererwärmung primär über eine Solarabsorberanlage. Zur Deckung von Spitzenlasen wird die Anlage mit einer Wärmepumpe gekoppelt, so dass eine CO2-neutrale Beheizung des Beckenwassers erreicht wird.
Auch für das Freibad in Griesheim konnten über ein zeitgemäßes Nutzungskonzept mit Fokus auf Barrierefreiheit neue Zielgruppen erschlossen werden. Das Freibad wurde 1957 errichtetet und 1986 erstmals saniert. Weder beim Bau noch bei der Sanierung fanden ältere Besuchergruppen oder Personen mit körperlichen Einschränkungen Berücksichtigung. Nach der Modernisierung im Jahr 2024 ermöglichen Einstiegshilfen im großen Schwimmbecken und ein taktiles Bodenleitsystem, das im Zuge der barrierefreien Erneuerung des Beckenumgangs realisiert wurde, auch den zuvor genannten Personenkreisen die vollumfängliche Nutzung. Daneben fanden im Sanierungskonzept aber auch die jüngsten Besucherinnen und Besucher Berücksichtigung. Neue Wasserattraktionen, wie ein Wassertunnel, ein Wasserspeier und eine Rutsche erhöhen hier die Attraktivität für Kinder und Familien. Einen effizienten Betrieb gewährleisten 16 neue frequenzgesteuerte Pumpen und das neue Spülluftgebläse. Dieses konnte an die bestehende Umwälzanlage angeschlossen werden. Die neuen Pumpen sind durch die Frequenzsteuerung stromsparender, weil sie bei Nacht oder bei geringer Besucheranzahl mit weniger Umwälzleistung laufen.
Das Panoramabad in Georgsmarienhütte bei Osnabrück ist ein weiteres Beispiel dafür, dass mit „einfachen Mitteln“ eine größere Nutzerflexibilität hergestellt werden kann. Obwohl sich das Freibad stets als ein Familienbad darstellte, bot sich bis zu den Sanierungsmaßnahmen keine Gelegenheit für Nichtschwimmer:innen, erste Schwimmzüge in einem sicher abgetrennten Bereich durchzuführen. Nach intensiver Auseinandersetzung mit dem Bestand und unter der Prämisse, keine weiteren Flächen zu versiegeln, erfolgte die Unterteilung des vorhandenen Schwimmbeckens innerhalb der bestehen Kontur mithilfe von zwei selbsttragenden Edelstahlbeckenwänden in zwei separate Becken. Da ein Freibad jedoch nicht nur von der Badelandschaft, sondern auch vom Außenbereich profitiert, wurde dieser, ebenfalls mit „kleinen Mitteln“ deutlich aufgewertet. Die vorhandene Tribüne blieb erhalten und wurde lediglich mit einem neuen Belag ausgestattet, in Teilbereichen durch Liegeflächen aus Holz ergänzt. Darüber hinaus wurde die Wegführung zum Kleinkinderbecken und zur Liegewiese durch neue Treppenanlagen optimiert.
Fördermittel ausschöpfen, Synergien nutzen
Eine Umfrage der DGfdB aus dem vergangenen Jahr hat ergeben, dass Fördermittel nur in geringem Maße in Anspruch genommen werden, um die zum Teil hohen Investitionskosten bei Freibadsanierungen auszugleichen. Die Gründe hierfür sind vielfältig, jedoch sind es insbesondere die bürokratischen Hürden und die langfristigen Antragswege, die von Betreiberinnen und Betreibern als Haupthindernisse benannt werden. Hier sollte es nicht nur dringend zu einer Vereinfachung der Antragsstellung kommen, sondern die Antragsstellung auch zugleich von der HOAI gelöst werden. Dass auf Betreiberseite bereits enorme Kosten entstehen, ohne zu wissen, ob die beantragten Mittel bewilligt werden, ist wenig motivierend für Antragssteller:innen. Obgleich das Prozedere für Planerinnen und Planer ein lukratives Geschäft darstellen kann, ist die Vorgehensweise nicht zielführend. Ferner verhindern die langen Bearbeitungszeiten auf Behördenseite, dass Planerinnen und Planer zielgerichtet und effizient arbeiten können. Unvorhersehbare Pausen im Planungsprozess lassen sich mit einer langfristigen Personaleinsatzplanung auf Seiten der Planenden kaum oder nur sehr schwer vereinbaren. Dabei ist ein stabiles Projektteam essenziell für die erfolgreiche Umsetzung jeglicher Baumaßnahmen. Die Beantragung und Bewilligung von Fördergeldern geht somit in Gänze an der Haushaltsrealität der Kommunen wie auch am Planungsalltag in Architektur- und Ingenieurbüros vorbei. Es bedarf einer gemeinsamen Erarbeitung sinnvoller Anträge wie auch Antragsmöglichkeiten durch Planende, Kommunen und Geldgeber:innen.
Dass sich im Falle einer Fördergeldbewilligung allerdings tolle Projekte realisieren und Synergien nutzen lassen, beweist die Stadt Beverungen. Die Kommune im östlichen Nordrhein-Westfalen ist Betreiber des Schwimmbades Dalhausen und des Freibades „Die Batze“ in Beverungen. Eine umfangreiche Bestandsanalyse des Schwimmbades in Dalhausen bedeutete seine Schließung aufgrund von akuter Einsturzgefahr. Um so dann zumindest das Potenzial des Freibades in Beverungen vollumfänglich ausschöpfen zu können, sollte das Freibad ein neues Umkleidegebäude erhalten. Die Stadt beantragte hierfür Fördermittel aus dem Investitionspakt zur Förderung von Sportstätten von Bund und Land. Mit Erfolg! Die Mittel wurden freigegeben.
Vor dem Hintergrund der Überlegung, direkt am bestehenden Freibad ein neues Hallenbad zu errichten, wurde das Umkleidegebäude hinsichtlich Funktionalität und Kapazität nicht nur auf das Freibad, sondern auch auf das möglicherweise noch zu realisierende Hallenbad ausgerichtet. Zwar führte diese Ausführung zu Mehrkosten, weil ein winterfester Bau mit Heizung und Lüftung erforderlich wurde, jedoch stellte sich das Wagnis bereits kurz nach Fertigstellung des Umkleidegebäudes als sinnvoll heraus, denn das neue Hallenbad soll realisiert werden. Die Stadt Beverungen erhielt nämlich auch hierfür die Zusage von Fördermitteln in Höhe von über 85 Prozent der förderfähigen Baukosten.
Digitalisierung als Chance – gegen Fachkräftemangel und für einen nachhaltigen Betrieb
Das Gefühl von Urlaub, Abkühlung an immer heißer werdenden Sommertagen, Kommunikation und Interaktion, gelebte Integration – das Freibad, ein nicht zu verkennender Ort, an dem genau diese Sehnsüchte bedient werden. An Besucherinnern und Besuchern fehlt es den Freibädern in Deutschland auch deshalb nicht. Dafür jedoch an Personal. Laut einer Umfrage der DGfdB aus dem Jahr 2024 waren bis zum 1. Mai 2024 noch 50 Prozent der offenen Stellen für die Saison unbesetzt. Eingeschränkte Öffnungszeiten und/oder beschränkte Zugänglichkeitein einzelner Bereiche sind die Folge. Aber auch an dieser Stelle können Planerinnen und Planer ihren Teil dazu beitragen, dem Problem entgegenzuwirken. So kann eine optimierte Anordnung der Flächen/Becken eine deutlich verbesserte Übersicht gewährleisten. Dem Aufsichtspersonal wird auf diese Weise die Arbeit erleichtert. Höher gelegene Aufsichtsbereiche bieten sich außerdem an, um den Überblick zu optimieren.
Darüber hinaus trägt die bewusste Auswahl von pflegeleichten oder gar selbstreinigenden Materialien dazu bei, den Instandhaltungsaufwand zu verringern. Auch das spart Personal. Und die Digitalisierung tut ihr Übriges, denn zur Unterstützung der Schwimm- und Fachkraft für das Badewesen bei der Wasseraufsicht setzen einige Bäder schon jetzt auf eine KI-gestützte Videoüberwachung. So auch im Freibad in Griesheim, wo KI-gestützte Technik vorgehalten wurde, um am Beckenboden Bewegungsabläufe zu überwachen und im Falle von Abweichungen Warnsignale auszusenden. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass Rettungskräfte im Falle des Falles frühestmöglich an Ort und Stelle sind.
Neue Einlasskontroll- und (bargeldlose) Zahlungssysteme werden auf lange Sicht nicht nur die Servicequalität für Nutzer:innen verändern, sondern auch den Personalbedarf reduzieren. Unbestritten ist auch, dass flächendecken eine Optimierung der Bäderinfrastruktur notwendig ist. Eine sinnvolle Abstimmung/Ergänzung von Öffnungszeiten unterschiedlicher Frei- und Schwimmbäder innerhalb einer Stadt kann bei Personalengpässen enorme Abhilfe schaffen
In die Planung haben digitale Technologien in Form von Building Information Modeling schon lange Einzug gehalten, bestehende Arbeitsmethoden bereits vollständig abgelöst. Der digitale Zwilling, das Gebäudemodell birgt enormes Potenzial, um Daten aus dem Betrieb von Frei- und Schwimmbädern zu integrieren bzw. über den Lebenszyklus abbildbar zu machen; einen möglichst effizienten nachhaltigen Betrieb zu gewährleisten. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die effizienteste Technik nur dann funktioniert und eine Verbesserung im Betrieb erzielt, wenn das Personal entsprechend geschult wird und mit innovativer Gebäudeleittechnik hinreichend vertraut gemacht wird.
Aber auch das Nutzerverhalten wird sich vor dem Hintergrund der Digitalisierung verändern: Online- und Offline-Welten werden verschmelzen, das Frei- bzw. Schwimmbad wird integraler Teil der Smart-City, Schnittstelle im öffentlichen Raum. Innovative digitale Angebote, wie VR-/AR-unterstütztes Schwimmen holen dann erlebnisorientierte Badegäste ab.
Ob Neubau oder Sanierung, ob Freibad, Kombi-, Sport- oder Spaßbad, ob digital oder ganz real – mit innovativen Konzepten in der Planung von Sport- und Freizeitanlagen können wir Planende und Bauschaffende einen maßgeblichen Einfluss auf das direkte Wohlbefinden der Menschen wie auch auf einen gesünderen Planeten nehmen.