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1. Preis
Neubau Stadthalle Wilhelmshaven

Jüngst haben wir den Architekturwettbewerb um den Neubau der Stadthalle in Wilhelmshaven für uns entschieden. 

Die Stadthalle stellt sich als ein ruhiger ein bis zweigeschossiger Baukörper dar, dessen gestaltprägendes Holzdach alle Funktionsbereiche überspannt. Lediglich der orthogonale Baukörper des Saals ragt aus dem Volumen heraus und bildet so einen Kontrast als Landmarke aus. Mittels intelligenter LED- Steuerung kann hier eine Projektionsfläche zur Darstellung verschiedener Inhalte realisiert werden.

Der Eingangsbereich dient des Ankommens und Orientierens. Hier ist auch der Kassenbereich angeordnet. Der Seminarbereich liegt ebenengleich und kann bei Bedarf zugeschaltet werden. Mit einem separaten Eingang lässt sich der Seminarbereich auch für "externe Veranstaltungen", welche unabhängig vom Stadthallenbetrieb stattfinden, nutzen. Über eine große Freitreppe gelangen Besucher:innen in den eigentlichen Foyerbereich, der den Blick in den angrenzenden Park freigibt und den Zugang zum Saal ermöglicht. Durch das Zusammenschalten von Foyer und Saal lassen sich unterschiedliche Nutzungsszenarien realisieren. Die Gastronomie liegt exponiert am Festplatz und kann auch durch einen externen Anbieter betrieben werden, so dass der Platz auch während der spielfreien Zeiten belebt wird.

Die neue Stadthalle wird im nördlichen Bereich des Grundstücks platziert. Durch eine polygonale Form des Baukörpers wird auf die verschiedenen funktionalen und städtebaulichen Anforderungen reagiert. Es entsteht ein repräsentativer Vorplatz der barrierefrei von der Jade-Allee erschlossen werden kann. Der Festplatz bleibt auf dem Niveau des Pumpwerkes bestehen und wird über eine Treppe und tribünenartigen Sitzstufen mit dem Vorplatz verbunden. Von der Innenstadt kommende Besucher:innen werden die neue Adresse der Stadthalle auf diese Weise ganz selbstverständlich wahrnehmen.

Das unter Denkmalschutz stehenden Pumpwerk soll trotz des Stadthallenneubaus nicht in die zweite Reihe gestellt werden. Im Gegenteil: Über eine durchdachte Formgebung des Stadthallenneubaus gelingt es, das Pumpwerk zu rahmen, diesem eine eigenständige Adressbildung zuteil werden zu lassen und es zugleich als eigenständige Architektur wahrnehmbar zu machen.

Die Fassaden prägen Materialien wie Holz, Glas und Klinker. Sie werden gemäß ihrem ursprünglichen Stärken eingesetzt und unterstützen damit sowohl ökologische als auch ökonomische Aspekte. Das auskragende Dach sowie die Tragkonstruktion werden in Holz ausgebildet. Der nachwachsende Rohstoff kann vor allem im Kontext der Co2-Einsparung sowie der Förderung eines positiven Innenraumklimas seine Stärken ausbilden. Vergleichend zu einer konventionellen Betonkonstruktion wird 50% des CO2-Fußabdruckes innerhalb der Konstruktion minimiert. Hinsichtlich des Gesamtbaukörpers führt das inklusive der Tragkonstruktion zu einer CO2 Einsparung von 10%. Das auskragende Vordach dient neben dem Witterungsschutzes im Eingangs- und Anlieferungsbereich auch als natürliche Verschattung und wirkt so einer Aufheizung des Gebäudes passiv entgegen. Für die opaken Fassaden wird der historische und in der Region traditionell verankerte Baustoff Klinker verwendet. Im Hinblick seine Langlebigkeit und seinen wartungsarmen Charakter erfüllt dieser alle Ansprüche einer hochwertigen und dauerhaften Fassade. Ein zukünftiges Potential wird zudem in der Möglichkeit gesehen, diesen Baustoff aus Sekundärquellen zu beziehen und damit im besten Sinne nachhaltig zu wirken. Gleiches gilt für die Erweiterung des Pumpwerkes. Die Glasfassade setzt den dritten Baustein und fördert mit ihrer hohen Transparenz die Verzahnung mit ihrer Umgebung und unterstützt die Akzeptanz des Neubaus.

Der Festplatz wird als multifunktionale Veranstaltungsfläche von Pumpwerk und Stadthalle räumlich gefasst und kann so von beiden Institutionen gleichermaßen bespielt werden. Es entsteht ein Ensemble, das sich aufeinander bezieht, ohne dabei die jeweilige Eigenständigkeit zu verlieren. Das Gesamtensemble des Pumpwerks erfährt durch die schließende städtebauliche Setzung auch eine strukturelle, freiraumplanerische Nutzungserweiterung. Durch die neue zusammenfassende Erschließung entsteht ein ganzheitliches Kulturquartier. Der neue Vorplatz der Stadthalle bildet sich als offene, großzügige Adresse als Auftakt der Kulturquartierserschließung aus, vernetzt bestehende und neuen Angebote behutsam und öffnet sich angemessen zur Wasserkante. Die bei der Bevölkerung gut angenommenen, identitätsstiftenden Außenflächen des Pumpwerks bleiben in großen Teilen im Bestand und werden durch eine Tribünensituation ergänzt. Bei größeren Konzerten kann die zentrale, freigelassene Festwiese genutzt werden. Eine zurückgenommene Wegestruktur umfasst die Bolz- und Festwiese und leitet verbindend die Gebäudeensemble. Die Zufahrtsbereiche konzentrieren sich auf die parkabgewandten Seiten und bleiben zweckgebunden.

Die große Dachfläche der Stadthalle besitzt ausreichend Flächenpotenzial für naturschutzfachlich sinnvolle Begrünungen. Geplant ist ein Biodiversitätsdach, das neben der Förderung der Artenvielfalt auch energetische, mikroklimatische und CO² bindende Vorteile bietet. Das Regenwassermanagement baut sich kaskadenartig auf. Die mit PV-Modulen belegte Dachfläche leitet die Regenspenden zu dem tiefer liegenden Biodiversitätsdach. Der Vorplatz selbst wird aus mikroklimatisch sinnvollem, hellem Klinkerpflaster hergestellt und ebenfalls mit einem zentralen Regenrückhalt ausgestaltet.

Die Fassadenstruktur wird in Form von Klinkerpflaster im Parkettformat übertragen und bildet Bezug zu lokalen und nachhaltigen Materialitäten. Stufen, Rampen und Mauerelemente bestehen aus rezykliertem Beton. Vorhandene Elemente wie die Granitblöcke werden wiederverwendet. Die Bestandsvegetation bleibt großzügig erhalten. Die ca. 30 Neupflanzungen orientieren sich stark am Bestand (heimische Vegetation). Im Bereich des Vorplatzes werden Klima-X- Bäume eingesetzt. RegioZert Saatgut bildet die flächige Unterpflanzung und sorgt für zusätzliche, faunistische Angebote. Die Lichtimmissionen der Vernetzung werden durch leuchtlichtstrom-reduzierte Lichterketten in Anzahl und Dimension auf ein Minimum reduziert und konzentrieren sich auf die Platzsituationen. Sämtliche Bereiche und Zugänge sind barrierefrei zu erschließen.

Energetisches Konzept

Die zu errichtende Stadthalle und das unter Denkmalschutz stehende Kulturzentrum Pumpwerk werden mit einem zu errichtenden kalten Wärmenetz im Erdreich versorgt. Ein kaltes Wärmenetz ist ähnlich eines Nahwärmenetzes, allerdings betragen die Betriebstemperaturen des kalten Wärmenetzes lediglich bis zu 10°C. Diese geringen Temperaturen führen zum einen dazu, dass die Rohrleitung nicht isoliert werden und so noch zusätzlich die vorhandene Erdwärme in das System aufgenommen wird und zum anderen durch den Verzicht der Isolierung zu geringen Investitionskosten. Das energetische Konzept berücksichtigt drei voneinander getrennte Wärmequellen, die in das kalte Wärmenetz einspeisen und so eine Wärmeredundanz gegeben ist. Die genutzten Wärmequellen sind ein Sondenfeld für Geothermie, der Jade-Ems-Kanal sowie die Umgebungsluft. Mittels Wärmepumpe werden die Temperaturen aus dem kalten Wärmenetz bzw. der Umgebungsluft auf ein höheres Temperaturniveau angehoben und so der Nutzung für die Raumheizung/-lüftung zur Verfügung gestellt. Durch die Nutzung reversiblerer Wärmepumpen werden im Sommer die Räumlichkeiten gekühlt. Die angesaugte Außenluft für die Lüftungsanlagen wird von einem Luftturm mittels einer im Erdreich verlegte Lüftungsleitung vortemperiert. Wie beim kalten Wärmenetz wird dem Erdreich im Winter Wärme für die Vortemperierung entzogen und im Sommer wird dem Erdreich Wärme von der angesaugten Außenluft zugeführt. Da im Sommer in der erdverlegten Lüftungsleitung Kondensat anfallen kann, ist diese Leitung mit einem Gefälle und einem Pumpensumpf auszustatten. So wird das Kondensat aus der Umgebungsluft am Tiefpunkt gesammelt und der Kanalisation übergeben. Durch die Vortemperierung wird der Primärengieverbrauch reduziert.

Die Luftverteilung in den Räumen wird, entsprechend der Raumgeometrie, über Auslässe eingeblasen und entsprechend wieder abgesaugt. Die Luftverteilung im Veranstaltungsraum wird mittels Quellauslässen realisiert. Ein Quellauslass bietet den Vorteil, dass die Luft nahezu geräuschlos und zug- frei in den Veranstaltungsraum eingebracht wird. Die Abluft wird im Deckenbereich abgesaugt und zum Lüftungsgerät geführt. Mittels Wärmeübertrager im Lüftungsgerät wird der Abluft Energie entzogen und der Zuluft wieder zugeführt, was auch zu einer Reduzierung der Primärenergie führt.

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