Konsternierter Kulturbau
Probensaal für die Staatskapelle Weimar
Reduziert, aber äußerst markant zeigt sich der neue Probensaal für die Staatskapelle Weimar des Deutschen Nationaltheaters. In ein dunkles Kleid gehüllt und beinahe ohne Fenster auskommend setzt dieser einen markanten Akzent an der Ettersburger Straße. Insbesondere im direkten Kontext zu den Bestandsgebäuden entwickelt sich so eine nahezu futuristische Anmutung.
Aber nicht nur mit seiner Gestaltung, sondern auch mit seinem durchdachten Raumprogramm und den optimalen akustischen Gegebenheiten bietet der neue Baukörper dem Orchester sowie seinen Zuhörern eine ganz besondere Atmosphäre. Nicht zuletzt ermöglicht der Neubau die Vereinigung der Probenbühne des Deutschen Nationaltheaters mit dem Probensaal der Staatskapelle an einem Ort, so dass kreative Energie gebündelt und Synergien genutzt werden können.
Der Planung und Realisierung des Neubaus war die Modernisierung der bestehenden Redoute vorausgegangen. Die Sanierungsarbeiten beinhalteten eine Anpassung der Innenräume an die geltenden Bestimmungen des Arbeits- und Brandschutzes sowie die Ertüchtigung der Erschließungs- und Verkehrswege auch hinsichtlich der Barrierefreiheit und nicht zuletzt die Erneuerung der haustechnischen Anlagen. Die Ergänzung des neuen Probensaals erfolgte an der nordöstlichen Seite des sanierten Bestandsgebäudes mit direkter Anbindung. Der verbindende Baukörper wurde eingeschossig ausgebildet, das extensiv begrünte Dach liegt etwas höher als der Haupteingang der bestehenden Redoute.
Das zur Bebauung vorgesehene Grundstück an der Ettersburger Straße liegt am nordöstlichen Stadtrand, einem städtebaulich inhomogenen Bereich mit viel Grünraum, so dass die bestehende Redoute mit dem neuen Baukörper einen Sonderbau bildet, der von Wohn- wie auch Gewerbeanalagen ohne klare städtebauliche Ordnung umgeben ist. Ein besonderes Augenmerk in der Entwurfsplanung lag folglich darauf, den Standort als Probenstätte neu zu definieren und als Kulturbau im öffentlichen Raum angemessen auszubilden. Denn langfristig soll das Depot nicht nur dem Probebetrieb dienen, sondern auch für offizielle Veranstaltungen genutzt werden. Und so fügt sich der neue Baukörper, bewusst vom Straßenraum abgerückt, in seiner Kubatur und Höhe in den als Gartendenkmal geschützten Grünzug Ettersburger Straße ein. Um den Grünanlagen dabei möglichst viel Fläche zu geben, gräbt sich das große Volumen des Probensaals in den Hang hinein, so dass sich lediglich der obere Teil in der Landschaft abzeichnet. Die hinterlüftete Vorhangfassade aus anthraziten Faserzementplatten belegt in Kombination mit den größtenteils fensterlosen Ansichten die monolithische Wirkung des Baukörpers und erhöht seine Signifikanz einmal mehr. Obgleich seiner futuristischen Anmutung schafft der freigestellte Solitär doch behutsam den Übergang zwischen Land- und Stadtraum, gibt der Ortseinfahrt ein prägendes Erscheinungsbild und stellt damit eine neue erstklassige Adresse für die Kulturstadt Weimar dar.
Der Neubau reagiert auf den Wunsch des Nutzers, die Probensituation der Staatskapelle zu verbessern. Das Hauptentwurfsziel bestand darin, hohe Funktionalität in Einklang mit den resultierenden Kosten zu bringen und so wurden im Zuge der Planung unterschiedliche Raumkonzepte erarbeitet, die funktionalen Beziehungen der Räume untereinander, ihre Lage im Gebäude und die raumspezifische Anordnung unter Einbeziehung der Nutzer untersucht. Die erste Variante beinhaltete die Ergänzung um zwei Baukörper – einen Probensaal und einen Neubau für Ergänzungsräume. Probensaal und Altbau wären durch eine überbaute Fuge getrennt gewesen, der Neubau für die Ergänzungsräume wäre um einen Innenhof als zusätzlicher Aufenthaltsort angeordnet worden. Weil diese Idee nicht innerhalb des gesetzten Kostenrahmens hätte umgesetzt werden können, erfolgte die Entwicklung einer zweiten Variante zur Realisierung des gewünschten Raumprogramms. Auch diese Idee beinhaltete die Errichtung von zwei Baukörpern, wies allerdings eine kompaktere Anordnung der ergänzenden Räumlichkeiten ohne einen Innenhof auf. Trotz erheblicher Einsparungen wäre auch dieser Entwurf nicht im Kostenrahmen zu realisieren gewesen, so dass schließlich eine dritte Variante entwickelt und auch umgesetzt wurde. Die ergänzenden Räume finden sich jetzt im Kellergeschoss, als Ring um den Probensaal angeordnet, wieder, so dass die Verkehrswege verkürzt und damit die Verkehrsflächen entsprechend der angestrebten Synergien zwischen Alt- und Neubau optimiert wurden. Nicht zuletzt unterstützt die gewählte Anordnung den funktionalen Fokus des Neubaus. Weitere Räumlichkeiten, wie Lagerräume sowie die Chorgarderobe finden im Untergeschoss des bestehenden Gebäudes Platz.
Auch im Innenraum des Probensaals wird die ungewöhnliche Formgebung des Baukörpers erlebbar und durch die individuell angefertigte, gefaltete innere Vorsatzschale noch unterstützt. Diese sorgt gemeinsam mit abgehängten, akustisch wirksame Deckenelementen für eine optimale Akustik. Dabei prägt ein heller und natürlicher Materialkanon das Innere des Probensaals und gewährleistet eine angenehme Atmosphäre.