Lüftung in Schulen
Ein Fachbeitrag unserer Projektleiterin Phuong Duc Briest

Betritt man einen Klassenraum, in dem zuvor bereits Unterricht stattgefunden hat, kommt einem häufig eine Wolke abgestandener Luft entgegen. Das Thema schlechter Luftqualität in Klassenräumen ist kein Einzelfall. Subjektiv ist man geneigt, den Geruchssinn als Indikator für die Beurteilung der Luftqualität heranzuziehen, ein für eine erste Grobeinschätzung sicherlich durchaus richtiger Ansatz. Für wissenschaftliche Betrachtungen ist eine solche, rein sensorische Beurteilung der Raumluft allerdings verständlicherweise nicht ausreichend. Es muss ein eindeutig zu bestimmender Messwert gegeben sein, anhand dessen auf Basis einer Skalierung eine Luftqualitätsbeurteilung erfolgen kann.

Hierfür ist ausreichend, die Konzentration des relativ einfach zu bestimmenden Kohlendioxids zu messen, da mit dem CO2 auch die Abgabe der anderen raumluftbelastenden Substanzen steigt. In der Raumluft üblichen Konzentration ist CO2 eine völlig ungefährliche Substanz. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass bereits bei CO2-Konzentrationen von knapp über 1.000 ppm Konzentrationseinbußen zu verzeichnen sind, bei Werten über 2.000 ppm erfolgt eine schnelle Ermüdung. Der MAK-Wert, also die maximal zulässige Arbeitsplatzkonzentration, wurde auf 5.000 ppm festgelegt. Zum Vergleich: die normale CO2-Konzentration im Freien beträgt ca. 385 ppm. Betrachtet man nun einen mit 30 Schüler:innen belegten Klassenraum, kann man sich leicht vorstellen, dass bei einem nicht gegebenen Luftaustausch die CO2-Konzentration relativ rasch nach oben schnellt. Werte von 3.000 ppm stellen keine Seltenheit dar. Ein konzentrierter Unterrichtsverlauf ist dann nicht mehr möglich. Man könnte einwenden, dass Generationen von Schülern die Schulzeit trotz meist nur unzureichend belüfteter Klassenräume mit ausreichend Lernerfolg und ohne bleibende Auffälligkeiten absolviert haben.

Das Thema Raumluftqualität in Schulen wird jedoch mit Blick auf die Coronakrise, aber auch, weil infolge erhöhter Anforderungen an die Energieeffizienz eine dichte Bauweise der Gebäude sowohl bei Sanierungen als auch Neubauten vorgegeben ist, relevanter. Um die Diskussionen in eine geordnete Richtung zu bringen, hat der VDI Verein Deutscher Ingenieure bereits im Jahr 2011 die sich auf diese Thematik beziehende Richtlinie VDI 6040 „Anforderungen an die Raumkonditionen in Unterrichtsräumen“ veröffentlicht. Es steht somit ein Regelwerk zur Verfügung, an dem sich Planer:innen im Schulbaubereich verbindlich orientieren können. Die VDI 6040 gibt als Zielvorgabe einen anzustrebenden CO2-Wert von max. 1.000 ppm während der Nutzungszeit eines Unterrichtsraumes aus. Werte zwischen 1.000 und 2.000 ppm werden als hygienisch bedenklich, Werte oberhalb von 2.000 ppm als nicht mehr akzeptabel eingestuft. Bauliche und/oder gebäudetechnische Belange müssen daher im Planungsprozess auf diese einzuhaltenden Parameter abgestimmt sein.

Die oben genannten Maximalwerte der CO2-Konzentration können nur durch einen kontinuierlichen Austausch der Raumluft erreicht werden. Bei der Frage, wie dieser regelmäßige Luftaustausch realisiert werden kann, ist in erster Linie dem Aspekt des zur Verfügung stehenden Investitionskostenrahmens Beachtung zu widmen. Die Realisierung des hygienisch erforderlichen Luftaustauschs nur über natürliche Lüftung durch sporadisches Öffnen von Fenstern stellt zwar die investitionskostenspezifisch günstigste Variante dar, hat sich aber als ineffizient erwiesen. Denn Schüler und Lehrer wollen sich während des Unterrichts mit anderen Fragen beschäftigen, als wann es wieder Zeit wird zu lüften. Zudem erfolgt die Motivation zum Öffnen von Fenstern aus rein subjektivem Empfinden mit der Konsequenz meist schon überhöhter Schadstoffkonzentrationen im Raum. Eine ausschließliche Fensterlüftung ist auch aus energetischer Sicht abzulehnen, da im Winterhalbjahr unkontrolliert und häufig über einen unnötig langen Zeitraum kalte Außenluft in das Gebäude einströmt.

Sogenannte „Lüftungsampeln“ könnten den zuvor genannten negativen Aspekten einer reinen Fensterlüftungs-Variante zwar in gewissen Grenzen entgegenwirken, oft jedoch ist eine während des Unterrichts erforderliche Fensterlüftung aus akustischen Gründen (Verkehrslärm) nicht oder nur eingeschränkt möglich. Der Einsatz einer zumindest unterstützenden mechanischen Be- und Entlüftung ist daher quasi unumgänglich bei der Sanierung bzw. dem Neubau von schulischen Einrichtungen. Der Luftaustausch erfolgt auf diese Weise kontrolliert mit vorkonditionierter Außenluft. Der Einsatz einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung sollte selbstverständlich sein.

Grundsätzlich bieten sich drei Arten von mechanischen Lüftungssystemen an:

  • dezentrale, d. h. raumweise Lüftungssysteme,
  • zentrale Lüftungssysteme mit Zentralgerät(en) und Kanalsystem,
  • wie vor, jedoch als Hybridsystem, d. h. Grundlüftung mechanisch verteilt über Kanalsystem, jedoch mit relativ geringen Luftmengen, daher zusätzlich unterstützende Fensterlüftung.

Dezentrales Lüftungssystem

Eine dezentrale Variante wird vor allem im Rahmen von Schulsanierungen angewendet. Hersteller von Lüftungsgeräten bieten Komplettlösungen in Form von kompakten Brüstungsgeräten an. Diese Geräte verfügen bereits über eine integrierte Wärmerückgewinnung sowie alle für die Regelung erforderlichen mess- und regelungstechnischen Komponenten. Der Vorteil dieser Geräte besteht darin, dass auch bei den meist eingeschränkten Platzverhältnissen eines Bestands-Schulgebäudes nahezu immer die Möglichkeit gegeben ist, im Bereich von Fensterbrüstungen oder auch oberhalb von Fensterstürzen diese Kompaktgeräte anzuordnen. Nachteilig ist bei dieser Variante der aufgrund der hohen Anzahl von Einzelgeräten relativ intensive Wartungs- bzw. Reparaturaufwand. Daher werden bei Schulneubauten, bei welchen in der Planungsphase entsprechender Installationsraum für technische Einrichtungen berücksichtigt werden kann, im Allgemeinen zentrale Lüftungssysteme mit entsprechendem Kanalverteilnetzen bevorzugt.

Zentrale Lüftung

Erfolgt ein Schulneubau gemäß den Vorgaben des Passivhausstandards, ist eine effiziente mechanische Be- und Entlüftung aller Räumlichkeiten ohnehin zwingend vorzusehen. In diesem Fall kann die Lüftung nicht nur zum hygienisch erforderlichen Luftaustausch, sondern – entsprechende Auslegung der Lüftungskomponenten vorausgesetzt – auch zur kompletten Beheizung des Schulgebäudes herangezogen werden.

Die Hybridlösung

Die zuvor erwähnte dritte Variante eines Lüftungssystems in Schulen, das sogenannte Hybridsystem, findet vor allem dann Anwendung, wenn zwar genügend Platz für die Installation eines Kanalverteilsystems vorhanden ist, die Investitionskosten sich jedoch nur in einem eng gesteckten Rahmen bewegen dürfen. Die Auslegung der lüftungstechnischen Komponenten erfolgt daher bei dem Hybridsystem unter dem Aspekt der Kostenoptimierung. Dies bedeutet, dass die Luftmengen bewusst so gering gewählt werden, dass ein ausreichender Luftaustausch nur durch mechanische Lüftung nicht immer gewährleistet werden kann. Dies reduziert zwar die Dimensionen der Lüftungskanäle bzw. der restlichen Lüftungskomponenten mit der Folge geringerer Investitionen, führt aber dazu, dass ggf. unterstützend noch über Fensterlüftung ein Luftaustausch erfolgen muss. Dies kann z. B so organisiert sein, dass in den ­Unterrichtspausen noch manuell gelüftet wird. Alternativ ist auch hier der Einsatz von Lüftungsampeln möglich.

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