Fassaden- und Dachsanierung der Rindermarkthalle St. Pauli

Markthalle im Wandel der Zeit
Revitalisierung der Rindermarkthalle, Hamburg

Wo früher Rinder und Schafe zum Verkauf angeboten wurden, schlendern heute zwischen Marktständen unzählige Besucher:innen umher. Schlemmen, probieren, genießen. Die Rindermarkthalle: Mittelpunkt, Anziehungspunkt, Lebensraum. Sowohl früher als auch heute, nur anders. 

Luftangriffe zerstörten in den Kriegsjahren ganze Stadtteile Hamburgs. So fiel auch der auf dem Heiligengeistfeld gelegene Zentralviehmarkt, zu dem die Rindermarkthalle gehörte, den Bomben zum Opfer. Der Architekt und Ingenieur Heinrich Konrad Havemann errichtete das Gebäude 1950 auf den gut erhaltenen Fundamenten und mit gleichem Grundriss neu, allerdings mit einer einheitlich hohen und lichten Markthalle. Die Dachkonstruktion wurde nur durch vier Stahlstützen abgestützt, so dass die Grundfläche bis zu den äußeren Umfassungswänden als eine einzige Marktfläche ausgebildet war, so dass sie aufgrund der vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten für die Stadt Hamburg als Mittelpunkt von Großveranstaltungen sowohl in wirtschaftlicher als auch in ideeller Hinsicht an enormer Bedeutung gewann.

Um den besonderen Charakter aus der Entstehungszeit wiederherzustellen, haben wir nachträgliche An- und Vorbauten vollständig zurückgebaut. Da das vorhandene Bestandsmauerwerk, das sehr in Mitleidenschaft gezogen war, wurde aufwendig saniert  und neu vernadelt. Für etwaige neu zu errichtende Bereiche kamen ganz im Sinne einer kreislaufgerechten Bauweise alte Verblendsteine zum Einsatz. 

Auch wenn die 1972 eingebaute und für die Einzelhandelsnutzung erforderliche Parkdeckebene die ursprüngliche räumliche Weite des Raums entscheidend reduziert hatte, beeindruckt die Rindermarkthalle noch heute mit ihrer wegweisenden und Tageslicht spendenden Dachkonstruktion. Die 30 m weit spannenden und 3,80 m hohen Stahl-Vierendeelträger ruhen auf vier Mittelstützen sowie den Randbauwerken und bilden ein großflächiges, bogenförmig segmentiertes Nordlicht-Sheddach. Das denkmalgeschützte Stahltragwerk war zwar im Wesentlichen unverändert erhalten, allerdings stellte sich heraus, dass die Bimsbetondielen altersbedingt und tragwerkstechnisch abgängig waren, so dass eine vollständige Sanierung des Dachs notwendig war.

Da die Betondieleneindeckung im Bauablauf nicht vollständig aufgegeben werden konnte und erst nach fertiger Eindeckung mit neuen Betondielen inklusive Verguss wieder statisch wirksam war, erfolgten der Rückbau und die Sanierung abschnittweise an jedem zweiten Sheddach. Aufgrund fehlender Altstatik wurden die Lasten des vorgefundenen Dachaufbaus als maximale Dachlast festgelegt. Bauzeitlich wurde das Tragwerk mit einer Walzhaut versehen, die zwar einen guten Korrosionsschutz bot, allerdings durch ihre Härte die Bearbeitung des Stahls erschwerte und nach heutigen Vorgaben keinen einwandfreien Beschichtungsuntergrund bietet. Das gesamte Tragwerk wurde daher vollständig gestrahlt und neu beschichtet.

Dass es sich auszahlt, ein Bauwerk mit derartiger Historie zu erhalten, verdeutlicht die Rindermarkthalle in Hamburg seinen Besucher:innen jeden Tag aufs Neue. Als bundesweit wegweisendes Nahversorgungszentrum wurde ihr unter anderem auch deshalb der Europäische Innovationspreis in der Kategorie „Stadt“ verliehen. 

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