Mechanische Lüftung mit Wärmeversorgung
Ein Fachbeitrag unseres Projektleiters Maik Schmidt

In den naturwissenschaftlichen Räumen des Neubaus ermöglicht eine mechanische Lüftung optimale Luftverhältnisse und die gleich­zeitige Wärmeversorgung.

Das Gymnasium Marianum ist eine Schule des MINT Excellence-Netzwerks (MINT-EC). Der Verein MINT-EC ist eine Initiative der Wirtschaft zur Förderung mathematisch-naturwissenschaftlicher Gymnasien und zur Qualifizierung von MINT-Nachwuchskräften in Deutschland. Aufgrund der Schwerpunktsetzung legen Schulträger und Lehrerkollegium besonderen Wert auf die fundierte und innovative naturwissenschaftliche Ausbildung. Daher wurde bei der Planung des dreigeschossigen Neubaus des naturwissenschaftlichen Fachklassentrakts darauf geachtet, dass diese auf den neuesten Erkenntnissen basiert.

Für den Bauherrn hatten die energetische Wirtschaftlichkeit, die architektonische Einbindung in die bestehende Gebäudesubstanz und die Nutzungsfunktionalität höchste Priorität. Die Erfüllung des Passivhausstandards war eine wesentliche Entwurfs­prämisse. Zur Realisierung dieser Vorgaben ist eine hochwärmegedämmte Außenhülle verbunden mit einer hohen Luftdichtheit ein elementarer Bestandteil eines Passivhauses. Eine mechanische Be- und Entlüftung zur Einhaltung des hygienisch erforderlichen Luftaustausches und zur Vermeidung unnötiger Wärmeverluste durch unkontrollierte Lüftung über Fensteröffnungen ist daher bei Passivhäusern unumgänglich. In Kombination mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung trägt eine mechanische Lüftung somit nicht nur zu einer erheblichen Reduzierung des Lüftungswärmebedarfs bei, sondern erfüllt auch die Forderung nach guter Raumluftqualität in Schulklassen.

Die mechanische Lüftung kann zudem auch zur Abdeckung des Transmissionswärmebedarfs, also der Wärmeübertragung über Bauteile, herangezogen werden, indem je nach Lastfall die Zuluft mit entsprechender Übertemperatur in die zu heizenden Räumlichkeiten eingebracht wird. Weil dieses Prinzip im Neubau angewendet wird, konnte auf statische Heizflächen komplett verzichtet werden. Bei der architektonischen Konzeption des Neubaus haben unsere Kolleg:innen aus dem Fachbereich Architektur die Anforderungen der mechanischen Lüftung berücksichtigt. Die lichten Raumhöhen sind so gewählt worden, dass genügend Platz für Zu- und Abluftkanalsysteme in den Deckenbereichen der einzelnen Geschosse vorhanden ist. Zur Aufstellung von Lüftungsgeräten wurden entsprechend dimensionierte Räumlichkeiten vorgesehen. Das Lüftungs-Zentralgerät ist in einem Technikraum auf dem Dach des Gebäudes aufgestellt. Durch die Anordnung des Fachbereichs Chemie im zweiten Obergeschoss konnten die hier komprimiert angeordneten Labor-Abzüge auf kürzestem Wege lüftungsseitig mit den entsprechenden Dachventilatoren verbunden werden.

Da den regelungs- und brandschutzspezifischen Belangen bei lüftungstechnischen Einrichtungen eine immer größere Gewichtung zukommt und mit zunehmender Komplexität einhergeht, wurde seitens des Bauherrn die planerische Vorgabe formuliert, ein in sich geschlossenes Komponentensystem zu wählen. In diesem sollten alle lüftungsseitigen Anlagenteile von den Luftauslässen, dem RLT-Zentralgerät bis zu den Dachventilatoren aufeinander abgestimmt sein und über ein einheitliches Regelsystem miteinander verknüpft werden können. Diese Vorgabe einer Komplettlösung schränkte zwar den Wettbewerb ein, verbunden mit höheren Investitionskosten bei der Beschaffung der einzelnen Anlagenkomponenten. Jedoch aufgrund der geringeren Schnittstellenproblematik und des damit verbundenen geringeren Planungs- und Abstimmungsaufwands fielen die Kosten niedriger aus.

Die Chemie-Fachklassenräume weisen annähernd einen Laborcharakter auf mit z. T. mehreren Abzügen pro Raum. Die Anzahl möglicher Anbieter einer Komplettlösung fiel auch deswegen sehr gering aus, weil ein Hersteller von Lüftungskomponenten und zugeordneten Regelungen für Laborlüftungen zu wählen war. Die Auswahl der Anlage erfolgte nach eingehender Vorauswahl und in enger Zusammenarbeit mit der technischen Leitung des Bauherrn. Herzstück der Lüftungsanlage ist ein Zentralgerät mit einer Volumenstromleistung von 26.000 m³/h. Das in dem Gerät integrierte Regelsystem steuert zum einen dessen Grundfunktionen, zum anderen ist es mit geschoss- und raumweise platzierten Regelmodulen vernetzt. So erzeugt es zusammen mit den pro Raum angeordneten Messorganen für Temperatur, Luftqualität und Raumbelegung eine bedarfsgerechte und energieeffiziente Raumluftqualität.

Das Zentral-Regelgerät bot die Möglichkeit der Aufschaltung auf die vorhandene, übergeordnete Gebäudeleittechnik, eine integrierte Netzwerkanbindung schafft zudem die Möglichkeit einer Fernüberwachung-/wartung durch die Servicetechniker. Für jede der Chemie-Fachklassen und Vorbereitungsräume mit Laborcharakter im zweiten Obergeschoss sorgen Abluftventilatoren auf dem Dach für den notwendigen Abluftstrom aus den Laborabzügen. Der Abluftverbrauch bestimmt die erforderliche Höhe der Zuluftvolumenströme. Um einen raschen Ausgleich der Raumluftbilanzen bei Zu- und Abschaltung der Abzüge auszugleichen, muss das Regelsystem schnell reagieren. Das weitestgehend autark arbeitende System konnte aufgrund der Systemkompatibilität mit den übrigen Regelkomponenten verknüpft werden.

Besonders in Schulen ist dem Brandschutz intensiv Beachtung zu widmen. Analog zum vernetzten Regelkonzept der Luftverteil-Komponenten kommt auch für die brandschutzspezifischen Anlagenteile ein intelligentes Steuer- und Überwachungssystem zum Einsatz. Brandschutzklappen, Rauchmelde- und Rauchauslöseeinrichtungen sind miteinander vernetzt und stehen in ständigem Austausch, Zustände werden kontinuierlich erfasst und analysiert. Im Brandfall wird eine Feuer- und Rauchübertragung verhindert, weil die Brandschutz- und Entrauchungsklappen automatisch schließen und sich die Lüftungsgeräte abschalten.

Die Wahl einer anlagen- und regelspezifischen Systemeinheit kann nach einjähriger Betriebszeit durchweg positiv beurteilt werden. Die Anlagenkomponenten arbeiten einwandfrei, die übliche Justierung der Anlage während der Inbetriebnahme-Phase konnten dank der Möglichkeit einer Fernwartung direkt und rasch durch Servicetechniker behoben werden.

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